No pictures please – Wenn du die Kamera lieber in der Tasche lassen solltest.

Der Aufschrei war groß. Die EU, das uns alle umschlingende Monster, nahm sich der Panoramafreiheit an. Keine Urlaubsfotos mehr. Bildmontagen mit ausgegrauten Sehenswürdigkeiten, Petitionen, Blogartikel, Tweets, Facebook Posts, Videos, noch mehr Facebook Posts. Die Welt für einen Augenblick schwarz-weiß, Kinder weinen, auf dem kalten Bordstein des Hamburger Hafens zerschellt eine Leica M5, und im trügerischen Schatten der heimischen Sicherheit sitzen einige verstörte Hobbyfotografen panisch vor ihren Rechnern und fangen an, klammheimlich alle Urlaubsfotos zu löschen oder, ganz ausgefuchst, in einen verschlüsselten Ordner zu verschieben.

War die Aufregung gerechtfertigt? Nein. Hat Oma Erna jetzt eine Abmahnung am Hals, weil sie zusammen mit ihrem Harald ein Selfie vor dem Brandenburger Tor gemacht hat? Nein. Sollten sich Fotografen trotzdem mal fragen, wo man überall so fotografieren darf? Jawoll! Dann lasst uns mal schauen.

Auf Reisen.

Das Taj Mahal ist das meistfotografierteste Gebäude der Welt. Allerdings nur von außen.

Jürgen, ich freue mich so auf den Urlaub! Ich habe mir schon eine neue Kamera gekauft. Lass uns los. in die große weite Welt und ein paar Postkarten verkaufen. Nun, das ist immer so eine Sache. Grundsätzlich gibt es in Deutschland die Panoramafreiheit. Die besagt:

Die Panoramafreiheit (§ 59 UrhG) erlaubt es Jedermann, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, durch Malerei, Foto oder Film zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstreckt sich diese Erlaubnis ausschließlich auf die äußere Ansicht!

Dem liegt zugrunde, dass Bauwerke und Skulpturen in der Öffentlichkeit für eben jene gedacht sind, und sie deshalb auch abgebildet werden können. Das gilt so lange sie eben öffentlich begehbar sind. Durchgänge, Brücken, Gassen. Vorsicht nur bei Privatgelände: Auf Flughäfen zB. sollte man das vorher abgesprochen haben. Allerdings endet die Panoramafreiheit bei Außenansichten. Das Innere von Gebäuden fällt nicht darunter, das ist Eigentum des jeweiligen Hausherren und kann einfach reglementiert werden.

Doch Achtung! Die Panoramafreiheit in dieser Form ist erst einmal deutsches Recht. In den meisten Staaten der Welt gilt das ebenso. Aber zum Beispiel Frankreich, Belgien und Dänemark haben andere Regelungen. Ein Foto des Eiffelturms (bei Nacht!) kann richtig teuer werden, wenn bei einer Veröffentlichung der Name der Betreiberfirma nicht genannt wird. Der Turm an sich fällt zwar schon lange nicht mehr unter das Urheberrecht, aber die nächtliche Illumination tut es sehr wohl. Widerliche Kapitalistenscheiße? Ja, absolut. Aber ihr solltet trotzdem vorsichtig sein. Hier mal eine kleine Übersicht von „problematischen“ Motiven:

  • Der Eiffelturm in Paris. (Foto bei Nacht nur mit Nennung der Betreiberfirma)
  • Taj Mahal in Indien. Nur von außen zu fotografieren. Strenge Sicherheitskontrollen.
  • Die Sixtinische Kapelle in Rom. Fotografieren verboten.
  • Das nachgebildete Bernsteinzimmer im Katharinenpalast in St. Petersburg. Fotografieren verboten
  • Im Tal der Könige (vor allem zum Schutz der alten Malereien vor Blitzlicht)
  • Das Lenin-Mausoleum in Moskau und das Mao-Mausoleum in Peking. Fotografieren verboten.
  • Der Kölner Dom. Fotografieren nur eingeschränkt ohne Stativ erlaubt.

 

Insgesamt ist es eine Frage des Urheberrechts. Und in fast allen Staaten erlischt selbiges nach ca. 70 Jahren – die Mona Lisa ist also auch im Louvre nicht mit einer Schadensersatzklage von Ferdinand Leonardo da Vinci (oder wie auch immer der Urururururururururururururenkel heißt) verbunden. Und im Zweifel hilft eben googeln. Eine Besonderheit hat zum Beispiel das belgische und französische Recht. Als „Beiwerk“ auf einem Bild, sind Gebäude absolut erlaubt.  Wenn sich also wie auf dem Bild hier, der Fotograf besonders für schöne Pflastersteine interessiert. Was interessiert mich der slowakische Präsidentenpalast im Hintergrund?

 

Auf Schienen.

Zweite große Sache sind Schienen. In Deutschland ist es nicht erlaubt Bahnstrecken zu fotografieren. Diese sind in Deutschland Privatbesitz der Deutschen Bahn. Da es per se eine relativ mittelmäßige Idee ist, Schienen außerhalb von Bahnübergängen zu betreten, macht die DB von ihrem Recht Gebrauch und untersagt das Betreten ihres Geländes an nicht dafür vorgesehenen Stellen.
Neben der Sicherheit für die jeweiligen Personen, hat das auch Nachteile für die Bahn. Beim Verdacht auf Personen im Gleis, halten sie die Züge aus Unfallgefahr an. Die Bahn nennt diese Vorfälle „größere Betriebsstörungen aufgrund von Personen im Gleis„, 2014 gab es davon 1722 Fälle. Wenn wir also das nächste mal jammern, dass sich der RE wieder verspätet –  es können überambitionierte Fotografen Schuld sein. Natürlich sind es meistens abgestellte oder selten befahrene Gleise.  Zu beachten ist, dass bei der Veröffentlichung auf Facebook der private Raum bereits weitgehend verlassen wird und deshalb o.g Regelungen nur eingeschränkt gelten. Bei einem größeren Fotoprojekt lohnt sich das Einholen einer Erlaubnis – was auch unkomplizierter ist als man denkt!

Und das macht nicht nur die DB. Auch auf vielen U-Bahnhöfen ist das Fotografieren untersagt, aus Angst vor übermütigen Selfiehelden. Man kann sich natürlich bei der Stadt eine Erlaubnis holen, so wie es unser Mitautor und Blogpapi Stefan in München gemacht hat. Herausgekommen ist das hier:

 

(c) Stefan Hoffmann

Hat sich doch gelohnt. Oder?

 

Bei Menschen.

Eine dritten Überblick den wir geben wollen, ist beim Ablichten von Menschen in der Öffentlichkeit. Grundsätzlich sagt §22 KUG:

„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.“

Eine Einwilligung ist immer dann erforderlich, wenn die abgebildete Person zu erkennen ist. Das sei am Gesicht, oder an bestimmten anderen körperlichen Merkmalen bis hin zu bestimmten Accessoires und der Bildunterschrift. Es gilt also: Wenn ihr eine Person ablichtet, müsst ihr die Erlaubnis einholen. Ein mündlicher Vertrag zählt als Erlaubnis, kann natürlich im Härtefall (Rechtsstreit) euch auch nicht helfen. Ist es einfach nur ein Foto für eure Facebookseite, passt das, man kann es ja löschen. Macht ihr irgendetwas für Print (Zeitung, Kalender, Plakate) dann ist die schriftliche Zustimmung unerlässlich, denn einmal gedruckt, könnt ihr die Nummer nicht mehr rückgängig machen und müsst mit Bußgeld rechnen. Wenn es ein nicht-bezahltes Shooting ist, bietet sich ein ganz normaler Tfp-Vertrag an. Ich habe euch hier ein Muster verlinkt. Damit seid ihr auf der sicheren Seite.

Und nun? Ein Konzert, ein Foto von Robbie Williams. Müsst ihr ihn um Erlaubnis fragen? Es gibt drei gesetzliche Ausnahmen:

  1. Es handelt sich um eine Person der Zeitgeschichte.
    Was bedeutet das? Es sagt grundsätzlich aus, dass es ein öffentliches Interesse an der Person gibt. Dazu zählen auch Lokalpolitiker, Künstler und Prominente. Und Robbie Williams. Dieser Zusatz ist quasi die Lebensversicherung jedes Pressefotografen. Denn im öffentlichen Kontext (Pressekonferenzen, öffentliche Veranstaltungen, Sportevents) dürfen „allgemein bekannte“ Personen abgelichtet und deren Fotos veröffentlicht werden. Der Kontext ist wichtiger als die Person: Ein Foto durch das Badfenster der Kanzlerin wird trotzdem teuer. Auch die Veröffentlichung von Fahndungs- und Vermisstenfotos in (sozialen) Medien gehören dazu.
  2. Personen sind „Beiwerk“ des Hauptmotivs.
    Dieser Absatz ist einfach zu verstehen. Wenn ihr Robbie Williams fotografiert und seinen Bodyguard auf dem Foto habt, ist das in Ordnung. Wenn ihr den Kölner Dom fotografiert und davor steht eine Traube japanischer Touristen, ebenfalls. Die Frage ist: „Kann die Person auch weggelassen werden, ohne dass sich der Gegenstand und Charakter des Bildes verändern“? 
  3. Menschenansammlungen.
    Wenn Menschen sich auf öffentliche Veranstaltungen begeben, müssen sie damit rechnen fotografiert zu werden. Und wieder ist das öffentliche Interesse ein Thema. Dazu gehören Umzüge, Demonstrationen und Konzerte. Menschen, die sich einfach im Schwimmbad getroffen haben, wiederum nicht. Einzelpersonen dürfen nur dann aus der Masse herausgestellt werden, wenn sie eine besondere Rolle einnehmen (zB. Redner). Bei „Normalos“ bedarf es dann wieder einer Erlaubnis. Und besonders auf Demonstrationen sollte man vorsichtig sein, auch wenn man rechtlich auf der sicheren Seite ist, kann man sich leicht Ärger einhandeln. Bei privat organisierten Veranstaltungen entscheidet zudem der Veranstalter mit seinen AGBs über das Fotorecht. Das heißt, wenn bei einem Konzert steht, keine Fotos, dann gilt das auch, im Sinne des Hausrechts des Veranstalters.
Bei dieser öffentlichen Veranstaltung gab es eine Erlaubnis der „vorführenden“ Personen. Die umstehenden sind Beiwerk und dürfen daher abgebildet werden.

 

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