Theaterfotografie

Du möchtest dich in der Theaterfotografie versuchen. Aber was musst du beachten? Welche Einstellungen sind richtig, welches Equipment empfiehlt sich? Und was ist überhaupt wichtig? Ich werde im Folgenden mal versuchen, ein paar dieser Fragen zu beantworten.

Ich bin durch die Theaterfotografie eigentlich erst richtig zum Fotografieren gekommen. Ich spiele selbst seit einigen Jahren und hab mich immer sehr gefreut, wenn es schöne Fotos von unseren Stücken gab. Doch das ist alles nicht so einfach – denn wenn die Bühne für unser Auge schön ausgeleuchtet ist, ist es für die Kamera viel zu dunkel.

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Das Drumherum

Ich fotografiere so gut wie immer auf der Bühne. Bedeutet: Ich gehe im Vorfeld zu einer Endprobe (Hauptprobe I oder II), spreche mit den Verantwortlichen und bewege mich am Rand der Bühne um die Schauspieler herum und mache meine Fotos. Der Vorteil für mich ist, dass ich viel näher rankomme, und verschiedene Perspektiven einnehmen kann. Beim Theater geht es um Emotionen und in kaum einem Setting gibt es mehr inhaltsvolle Gesten und Interaktionen zu fotografieren. Da musst du dich draufsetzen – das Licht und Bühnenbild sind schön, keine Frage. Aber wirklich interessant ist das, was die Schauspieler miteinander machen. Legt euren Fokus auf die Handlungen zwischen zwei oder mehreren Schauspielern, das ist was Theater ausmacht. Versuch das Spiel mit Fokus, einen Darsteller im Vordergrund der im Hintergrund mit einem unscharfen zweiten interagiert. Probier‘ dich aus! Theaterfotografie__Maximilian_Helm 7

Fotografierst du vom Publikum aus, solltest du auch versuchen zwischendurch deinen Standort zu wechseln. Verschiedene Blickwinkel sind gerade bei Alben schön für das Auge, bringen Abwechslung und machen während des Durchklickens Lust auf das nächste Foto.

Ein gutes Foto ist, welches mehrere Personen und deren Beziehung zueinander zu zeigen vermag.
Ein gutes Foto ist, welches mehrere Personen und deren Beziehung zueinander zu zeigen vermag.

Ganz wichtig: Redet vorher mit den Schauspielern. Nicht nur mit der Regie und Dramaturgie, dass die Bescheid wissen sollte klar sein. Erzählt vorher den Schauspielern was du vorhast, worauf du dich fokussiert. Sie sollen nicht für die Kamera spielen, aber auch nicht so tun als wäre sie nicht da. Viele gucken absichtlich weg, aber es ist manchmal unnatürlich und manchmal gerade schön, wenn du einen unmittelbaren, ungestellten Blick einfangen kannst. Sie sollten wissen wer ihr seid, was du machst, und dass du sie in gutem Licht dastehen lässt. Dann sind Schauspieler die tollsten Models der Welt!

Die Technik

Objektiv: Lichtstärke. Lichtstärke ist quasi das A und O wenn man im Theater fotografiert. Benutzt am besten eine lichtstarke 35mm oder 50mm Festbrennweite. Alternativ funktioniert auch ein Zoom mit durchgängiger Blende 2.8. Wenn ihr vom Publikum aus fotografiert (weil ihr nicht immer auf die Bühne könnt) empfiehlt sich ein 70-200er 2.8er Objektiv. Dabei empfiehlt sich dringend ein Bildstabilisator – damit ihr die Belichtungszeit aus Lichtgründen ein wenig länger wählen könnt. Die Regel Belichtungszeit mindestens 1/Brennweite ist auch hier ein guter Anhaltspunkt. Offenblende ist meist Pflicht.

Sorg dafür, dass das Bild gut ausgeleuchtet ist. Lieber die ISO ein Stück hoch stellen (und ihr werdet in Sphären von mindestens ISO 1600 landen), als dass das Foto zu dunkel ist. Den Fehler machen viele – aus Angst vor der ISO lieber ein dunkles Bild haben, mit dem Plan „Es im Nachhinein aufzuhellen“. Doch es ist viel besser, die ISO von vornherein etwas höher zu stellen, denn sonst macht ihr alles nur noch schlimmer. Ausserdem ist Rauschen nicht per se schlecht. Wenn es dunkel ist, Rauschen Fotos nunmal, der Inhalt ist dabei zehn mal wichtiger. Und in manchen Fällen, sieht das auch echt gut aus. Gibt den Fotos eine besondere Authentizität. Zu dunkle Fotos sind einfach nur zu dunkel! Theaterfotografie__Maximilian_Helm 9

Gleiches gilt für den Body. Gutes Rauschverhalten ist gut, dafür ist Seriengeschwindigkeit eher uninteressant. Da ihr sicherlich den Autofokus verwendet, wäre gut wenn der bei schlechtem Licht arbeitet. Je nach Kameramodell kann es sein, dass unterschiedliche Fokuspunkte unterschiedlich lichtstark sind. Um auf Nummer sicher zu gehen, nehmt den mittleren Fokuspunkt (der ein Kreuz- oder Doppelkreuz-Sensor sein sollte), denn der ist auf jeden Fall einer der lichtstärksten. Beispiel Canon 6D: Nur ein Doppelkreuz-Sensor (der Mittlere) – dafür fokussiert der im Dunkeln mit einer Treffsicherheit die  seinesgleichen sucht.

Blitz: Nur ein Wort: Nein! Da haben sich Leute viele Gedanken um Lichtstimmungen gemacht. Das willst du nicht zerstören, glaub mir.

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Die Nachbearbeitung

Das können wir kurz halten, denn weniger ist mehr. Verzichte lieber auf Experimente und besondere ‚Bildlooks‘, denn das Interessante sind die Inhalte der Fotos. Passt es zum Stück, sind s/w Anpassung oder ein besonderer Farblook cool. Aber das bildet meist die Ausnahme und sollte auf Wunsch der Regie erfolgen.

Natürlich ist eine Standard RAW-Entwicklung nötig. Kontrast, Sättigung, Klarheit, Belichtung, Tiefen rauf, Schärfen. Beim Weißabgleich müsst ihr aufpassen: Meist ist der notwendig, da die Automatik der Kamera mit dem vielen künstlichen Licht überfordert ist. Aber am Ende sollten alle Fotos die gleiche Farbtemperatur haben – sondern wirkt das seltsam beim späteren Durchblättern. Ausserdem sind meistens sind für die Theater Querformat-Bilder nützlicher als Hochformat (Für Programmhefte, Webseiten, usw.).

Stückfoto

Dann ist es fast getan. Wenn du einzelne Fotos hast, kannst du natürlich in Photoshop störende Objekte wegstempeln etc., aber bleibt individuell dir überlassen. Ist das nicht der Fall, dann geht es an den Export. Und kleiner Tipp: Selbst Profischauspieler freuen sich immer über Bühnenfotos von sich – wenn nicht für ihr Portfolio dann mindestens für Facebook.

Habt ihr andere Erfahrungen gemacht? Hab ich was vergessen? Das Gute am Internet ist ja, dass Textergüsse nicht in Stein gemeißelt sind. Also, kommentiert, stellt gern Fragen! Ich freu mich drauf.

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2 comments

  1. Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Das Theater interessiert mich schon seit Jahren. Es ist einfach schön in so einem kreativen Umfeld zu arbeiten.
    beste Grüße,
    Hannah

  2. Danke für den Artikel, der recht gut behandelt , worauf man bei der Theaterfotografie achten muss. Ich konnte mir so einiges mitnehmen, dass ich so noch nicht gesehen hatte.
    Ein Punkt macht mich bei meinen Theaterfotos noch nicht glücklich: der Umgang mit Hautfarben!
    Andere Kameras bilden die Natürlichkeit der Gesichtsfarbe besser ab, jedoch weiss ich nicht genau, mit welchen Einstellungen ich mit meiner EOS 760D am besten in die Vorstellung gehe.
    1.) Weissabgleich mit weissem Papier – klappt! Farben wirken insgesamt abgeglichener und harmonischer.
    2.) Ich nehme ISO 1600 fest und die Blende lieber 1-2 Stufen runter, um manuell unterzubelichten, Gesichter sind nicht mehr grell – ok!
    3.) In der Nachbearbeitung bearbeite ich Licht und Schatten, aber die Hautfarben sind von Anfang an nicht natürlich, irgendwie zu rot oder doch wieder zu hell. Es soll ja auch nicht nach HDR aussehen.

    Allerdings habe ich auch keine Erfahrungen mit RAW, benutze ACDSee Pro 5 und Photoshop 7.
    Sollte ich auf dieser Strecke mehr in die RAW-Bearbeitung eintauchen und gibt es da Empfehlungen, wie ich den natürlichen Hautton rüberretten kann?

    Muss ich evtl. von Anfang an an der AE-Einstellung etwas ändern? Ich meine, es nützen mir doch keine 99 Bildsensoren, wenn ich doch nur entweder dunkle Schatten oder zu helle Gesichter erhalte. Da weiss ich manchmal nicht, wie ich mit den vielen Sensoren umgehen soll.

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